Esse mit drei Schmiedefeuern,
davor mit das wichtigste,
ein guter Amboss und
ein Hammer mit leicht balliger Schlagfläche,
sieht professionell aus.
Der Veranstalter macht neugierig, er zeigt Damastmesser aus eigener Fertigung, eines sogar, welches durch ein Stück Blech getrieben wurde, um zu demonstrieren, wie stabil solche Messer sind.
Dann ein Video, alles sehr interessant, er merkt aber schnell, das alle heiß sind und was anfassen wollen.
Aber das heißt zunächst, umziehen, Feuerschutz beachten und Augen schützen.
Der Veranstalter nennt es eine Fingerübung, wir glauben, es wird schon ein Messer.
In ein Winkeleisen wird ein Stück Stahl eingelegt, das Eisen so weit zusammengeschlagen, das der Stahl nicht mehr herausfällt, dann ab in den schon glühenden Koks der Esse. Erst einmal geht es darum, Stahl und Eisen fest miteinander zu verbinden, man nennt das „Feuerverschweißen“.
Das Material muss sehr gut durchgewärmt sein, hellgelb, wie eine Zitronenschale, dann mit Boraxpulver die nach oben zeigenden Fugen bestreuen, um die Oxide zu entfernen und die Basis für eine gute Schweißverbindung zu schaffen.
Wenn das Borax „verkocht“ ist, die Oberfläche also glänzend schimmert, also fasst flüssig wird, muss alles schnell gehen.
Eisen aus dem Feuer, zum Amboss, den Hammer mit der balligen Schlagfläche auf die Mitte der zu verschweißenden Fläche, dann vorne, danach hinten, kräftig zuschlagen, schnell drehen und dasselbe auf der anderen Seite. Aufpassen, dass das Schmiedematerial nicht zu kalt wird, Kirschrot ist schon zu wenig zum Verschweißen.
Wieder ins Feuer, immer mal drehen, damit es schön gleichmäßig erwärmt wird.
Jetzt erkennt man, was man alles falsch machen kann und warum es eine „Fingerübung“ ist. Der Respekt vor dem Material und vor der Arbeit steigt.
Nächste Arbeit, das Material wird wertiger, die Vorbereitungen sorgfältiger, der Aufwand steigt.
Drei auf gleiche Länge geschnittene Stücke unterschiedlicher Materialdicke sollen feuerverschweißt werden, deshalb zunächst die Oberflächen abschleifen, bis diese metallisch blank sind.
Material: Werkzeugstahl
dunkel für Außen
1.2842 oder 90MnCrV8
hell in der Mitte
1.2767 oder X45NiCrMo4 / 45NiCrMo16
Mit Winkelschleifer und Schruppscheibe werden die zu verschweißenden Flächen metallisch blank gemacht, also die normale Verzunderung entfernt. Das fertige Paket wird dann im Schraubstock eingespannt und die drei Teile mit einem Schutzgasschweißgerät an der Stirnseite verbunden.
„Griff“ aus einfachem Vierkanteisen anschweißen, damit man das zu schmiedende Material als Paket fixiert und das Paket im Schmiedefeuer besser handhaben kann. Nicht zu viel schweißen, das so eingebrachte Material muss nach dem Feuerverschweißen und nach dem Ausschmieden als Abfall entfernt werden, sonst stört es möglicherweise später das Bild des Damaststahles an einer Stelle, wo man es gar nicht haben will.
Sparsamkeit beim weiteren Zuschnitt ist hier falsch eingesetzt.
Kontrolle, an alles gedacht, wird das so gehen?
Erste Probe, ob man das so handhaben kann, sozusagen als ergonomische Trockenübung.
Es wird ernst.
Die Esse ist schön in Glut, die Schlacke vorher entfernt, jetzt braucht man viel Luft von unten, damit das Schmiedegut schön gleichmäßig und vor allem durch und durch hellglühend wird.
Wir wollen ja wieder Feuerverschweißen.
Jetzt kommt wieder das Prozedere, wie oben beschrieben, nur alles sorgfältiger, mit der Erfahrung vom ersten Stück.
Also, rein ins Schmiedefeuer, die gleiche Reihenfolge, erst mal schön gleichmäßig „warm“ machen, nichts für Ungeduldige. Zwischendurch Koks vorhalten, immer schön rechts und links des eigentlichen Feuers, ab und an Schlacke an der tiefsten Stelle des Feuers entfernen, damit die Esse mehr Luft bekommt und besser zieht.
Um mehr Wärme im inneren des Feuers zu erhalten, lerne ich einen kleinen Trick, auf den ich nicht selbst gekommen wäre, die Oberfläche des Feuers mit einem nassen Lappen anfeuchten, so dass die Flammen erlöschen, somit konzentriert sich das Feuer in der Mitte, also um das zu verschweißende Material.
Zitronengelb, rundherum, Borax mit Sorgfalt auftragen, dieses Mal von beiden Längsseiten, weil das Paket ja an vier Seiten offen ist, na, wann wird die Oberfläche glänzend, das man den Eindruck von Flüssigkeit bekommt. Nur Geduld.
Jetzt, wieder muss es schnell gehen, zum Amboss, Hammer greifen, und drauf auf die Mitte, vorn, hinten, drehen und das gleiche von der anderen Seite, solange das Material noch heiß genug ist.
Dieses Erlebnis Seminar ist richtige Arbeit.
Jetzt ist es ein homogener Block, die drei „Stücke“ sind fest miteinander verbunden zu einem Teil.
Richtige Arbeit, aber, es macht Spaß Leute!
Andere Kollegen beim gleichen Arbeitsschritt, am eigenen Feuer mit gleichem Ehrgeiz und gleichem Ziel, das schafft Wettbewerb.
Das Paket wird dann, nach dem Feuerverschweißen noch mal gut erwärmt, aber nicht ganz so hell, wie für das Schweißen. Jetzt geht es darum, das Paket auszuschmieden, das Ziel heißt ca. 30-40 mm breit und so lang, bis die Materialdicke nur noch 2-4 mm dick ist.
Weil das mit der Hand zu schmieden wirklich harte Arbeit ist, einen Büromenschen möglicherweise gar überfordert, muss jetzt ein Hilfsmittel her, das die schwere Arbeit übernimmt, aber sensibel und mit Feingefühl gesteuert werden will.
Der Lufthammer.
Auch hier gilt, mit dem gut glühenden Stück zum Hammer, mit dem Fuß die Schlagintensität steuern, das Werkstück mit beiden Händen gut festhalten, wenn es zwischen die Schlagflächen kommt.
Eine Herausforderung!
Erst flach, dann hochkant, dann wieder flach, auf der runden Seite des Hammers zum Material austreiben und immer um 180° drehen. Aufpassen, dass das Material nicht zu kalt wird, dann lieber aufhören und wieder ab ins Schmiedefeuer.
Das Ergebnis wird gleich wieder zerstört, indem es mit dem Winkelschleifer in gleich große Stücke zertrennt wird, ca. 4-6 cm lang, Oberflächen reinigen, schleifen, mit der Schruppscheibe.
Ein neues Paket zusammenstellen und das gleiche Prozedere von vorn.
W I C H T I G :
Merken, wie viele Lagen man in welchem Schritt verwendet hat, das wird noch mal wichtig. Das erste Mal waren es 3 Einzelstücke, die zu einem ausgeschmiedet wurden, daraus 5 verwendete Teile, dann nur 4 und das letzte Mal wieder 5.
Also: 3 x 5 = 15 x 4 = 60 x 5 = 300
Das Ergebnis ist 300 Lagen Damaststahl.
Bei der letzten Bearbeitung muss man schon darauf achten, dass es die angestrebte Messerform wird, also nicht nur Länge machen. Vorher überlegen.
Ich wollte ein Messer mit durchgehendem Heft, ich wollte auch zwei Griffschalen aus Hartholz bei durchgehendem Erl haben, keine eingesetzte Parierstage.
Das hat beim zweiten Muster, links im Bild weiter unten noch nicht so recht klappen wollen, wie man sieht.
Deshalb alles noch einmal, war ja noch Zeit genug.
Wieder Feuerverschweißen, ausschmieden, neu paketieren, reinigen, ausschmieden, wieder trennen, indem es in gleich große Stücke zertrennt wird. Oberflüche reinigen, schleifen, nicht abputzen.
Ein neues Paket zusammenstellen und der gleiche Prozess von vorn.
Immer daran denken, die Endstücke großzügig entfernen, um Musterstörungen zu vermeiden.
Ergebnis dieses Mal: 3 x 4 = 12 x 4 = 48 x 5 =
240 Lagen Damaststahl.
Jetzt ist schleifen angesagt, aber wie geht das?
Die Messer, die ich bisher geschliffen habe um sie zu schärfen, hatten alle schon ihre Klingenform und einen Griff, hier ist das jetzt anders. Aber vor dem nächsten Schritt, dem Härten, muss die Klinge in Form gebracht werden, danach ist sie zu hart.
Also:
Bandschleifer an, 60er Band und die Klinge quer so auflegen, wie die Form der Schneide angestrebt wird. Die Klingenform anlegen, den Verlauf und die Position des Griffs. An Symmetrie denken, immer wieder „fluchten“, darauf achten, das die Schneide in der Mitte bleibt. Den Erl parallel ausschleifen, nach hinten etwas verjüngt, dann ist die Balance des fertigen Messers besser. Achtung, beim Schleifen Schutzhandschuhe und Brille tragen, wer das vergisst, macht eine schmerzvolle Erfahrung.
Die Messer nehmen Form an, man bekommt eine Vorstellung von dem, was man später in der Hand halten wird. Die spätere Schärfe lässt sich jetzt schon erahnen, obwohl noch nicht fertig.
Ab jetzt wird von Hand in Längsrichtung geschliffen, mit 240er Schleifpapier, auf einer ebenen Platte, auch das ist nichts für Ungeduldige, Disziplin und Ausdauer sind angesagt, Pfusch lässt sich später nicht mehr beseitigen.
Zwischendurch noch die Löcher (3 Löcher a 3mm) für die Griffstücke bohren, mit Hartmetallbohrer, sonst hat man schon jetzt keine Chance mehr.
Auf Versatz achten, damit man eine eindeutige Schalenzuordnung bekommt. Je häufiger ich mir die schön geschliffene Fläche anschaue und mit den Ergebnissen meiner Mitstreiter vergleiche, von Damaststruktur ist nichts zu erkennen, nur schöner, matt glänzender Stahl. Die Klinge kurz in Eisen 3 Chlorid eingetaucht abgespült, nun ist das Erfolgserlebnis da.
Wer im Bild rechts genau hinschaut kann es erkennen.
Bei mir sah es nach dem Schmieden so aus.
Und so nach dem ersten Schleifen
links 300 Lagen, rechts 240 Lagen.
Jetzt kommen die Prozesse, die nicht bebildert wurden, Härten, bei ca. 830°C für etwa 20 Minuten und dann in ca. 80°C Öl abschrecken, schön senkrecht eintauchen, sonst wird das tolle Teil möglicherweise krumm. Danach nicht fallen lassen, sonst zerbricht es womöglich noch. Wäre schade um die viele Arbeit, die bis jetzt schon drinsteckt. Jetzt noch „anlassen“, im Backofen bei 220°C für 3 mal ca. 15 Minuten, um das Gefüge zu entspannen. Jetzt sind sie zäh und hoffentlich schnitthaltig.
Hurra, die Klingen sind fertig!
Aber sie sind nicht sehr attraktiv, das hatte ich mir ganz anders vorgestellt, also, noch mal schleifen, runter mit dem Zunder, viel Geduld, Ausdauer und Sorgfalt.
Wieder metallisch blank, immer noch nichts zu sehen vom Damast.
Jetzt wird es spannend im vorgeheizten Bad mit „Eisen 3 Chlorid“ wird die Klinge ein paar Minuten geätzt, herausgeholt, abgespült und das Ergebnis von allen bestaunt.
Jetzt ist erst einmal Pause, das Ergebnis muss mit jedem diskutiert werden, die Arbeit der Kollegen muss ebenfalls genauestens untersucht werden.
Nach genügend Staunen, stellen wir gemeinsam fest, dass die Messer noch nicht fertig sind, es fehlen die Griffstücke. Auf die Frage vom Veranstalter, wie denn die Messer später aussehen sollen, hat nicht jeder sofort eine Antwort.
Also holt unser Motivator Kisten mit geeigneten Rohmaterialien, bald hat jeder seine Idealvorstellung von seinem Messer.
Ab jetzt ist das Schmieden zu Ende, jetzt werden andere Fähigkeiten gefordert.
Holz bearbeiten, die vorbereiteten Griffschalen bohren, mit einer Rebahle konisch nach außen aufweiten, mit weichgeglühtem Messingdraht am Heft durch leichtes stauchen befestigen.
Wieder schleifen, dieses Mal den Holzgriff, hier ist ein ganz anderes Gefühl, eine ganz andere Sensibilität erforderlich. Schnell hat das Holz durch diese Bearbeitung nur noch ein Viertel des vorherigen Volumens, mehr wird halt nicht gebraucht.
Klinge und Griff an der Schwabbelscheibe polieren, das Holz wachsen, von Hand nachpolieren,
fertig.
In meinem Fall sieht das Ergebnis so aus.
Zugegeben, ohne die immer wieder helfende Hand des Veranstalters, ohne seinen Input würden sie wohl etwas anders aussehen und nicht so professionell, aber für mich sind es „meine Erstlingswerke“ in Damaststahl, sie sind unverkäuflich, heißt, man kann sie mit Geld nicht bewerten.
Jetzt fehlt nur noch die schützende Transporthülle, ich bevorzuge handgearbeitete Lederscheiden, in die ich zunächst eine Innenhülle aus Weichkunststoff baue, um die dann die Lederscheide gearbeitet wird. Verwendet wird gegerbtes Naturleder, ca. 3 mm dick.
Man will so ein gutes Stück ja auch bei sich tragen können und nicht verlieren.
Danke an alle, die daran beteiligt waren.
Hans-Walter Blum
www.gast-zeit.de oder www.sy-alternative.de